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02.05.2013
Bergstürze und Lavaströme östlich von Olympus Mons
Am 23. Januar 2013 nahm die hochauflösende Stereokamera (HRSC), auf der ESA-Sonde Mars Express im Orbit 11531 einen Teil der Region Sulci Gordii mit einer Auflösung von ca. 31 Metern pro Bildpunkt auf. Die Abbildungen zeigen hiervon einen Ausschnitt bei 17° nördlicher Breite und 234° östlicher Länge, etwa 200 km östlich des Vulkans Olympus Mons.
Sulci Gordii ist eine so genannte "Aureolen-Ablagerung" (Aureole aus dem lateinischen "Lichtkranz") und ist eine der vielen ähnlichen Ablagerungen, die einen Ring um den riesigen Vulkan bilden (siehe Bild 2). Diese Aureolen sind Zeugnis eines katastrophalen Einsturzes der unteren Flanken des Olympus Mons. Heute erhebt sich eine steile, 2 km hohe Felsklippe über die umgebende Ebene. Der Einsturz wurde durch eine Schwächung des Grundgesteins hervorgerufen. Dabei stürzte die Vulkanflanke, vermutlich durch Grundwasservorkommen ausgelöst, ein. Während des Einsturzes rutschten Gesteinsmassen über mehrere hundert Kilometer auf die umliegende Vulkanebene ab, was das "auftürmen" der rauen Aureolen-Ablagerung zur Folge hatte.
Auch auf der Erde sind Vulkane von ähnlichen Geröll-Lawinen umgeben, wie zum Beispiel beim Mauna Loa in Hawaii, der wie Olympus Mons ein Schildvulkan ist und durch stetigen Lava-Nachfluss aufgebaut wurde. Die sanfte Ebene die Sulci Gordii umgibt lässt vermuten, dass nach dem großen Hangrutsch erneut Lava ausgeflossen ist und die Umgebung einebnete. Tatsächlich lassen sich einzelne Lavaablagerungen im oberen rechten Teil des hochaufgelösten Bildes erkennen.
Im zerklüfteten südlichen Gebiet (Bild 1, 3, 4) hat Extension (Ausdehnung) die Marskruste zerbrochen, was eindrucksvoll auf der höhenkodierten Abbildung zu erkennen ist.
Die runzelige Erscheinung des Sulci Gordii entstand mit hoher Wahrscheinlichkeit während des Hangrutsches, als Material vom Vulkan abfloss, komprimiert und weggedrückt wurde, während es über die Oberfläche rutschte. Im Laufe der Zeit verstärkte sich die runzelige Erscheinung, als weicheres Material zwischen den einzelnen Höhenzügen abgetragen wurde. Die Runzeln können am Besten in den Nahaufnahmen der perspektivischen Abbildungen betrachtet werden. Zoomt man in diese Abbildung so ist zu erkennen, dass die Hügel und Rücken von feinem, durch Wind transportierten Staub bedeckt sind und dass eine Vielzahl kleinerer Hangrutsche auf den Flanken der Erhebungen zu finden sind. Bei genauerer Betrachtung der Ebene können ebenso wellenförmige Rippel im Marsstaub ausgemacht werden. Hier entstanden Dünen, die durch die vorherrschenden Winde in Wellenform aufgebaut wurden.
Viele kleinere Flusstäler und auch Bruchstrukturen durchziehen die Region, besonders deutlich am südlichen (linken) Rand der Abbildung 4 und in der Schrägansicht (Bild 5) zu erkennen. Die Flusstäler weisen Längen von 50 bis 300 km auf und wurden vermutlich durch kurzzeitige Lavaflüsse erweitert, vielleicht aber auch durch Wasser. Die Schrägansicht zeigt auf der linken Seite ein gewundenes Tal, das plötzlich von einem tektonischen Bruch unterbrochen wird. Ein anderes Tal im Vordergrund der Abbildung weist ebenfalls eine komplexe Deformationsgeschichte auf.
Durch die Untersuchung solch komplexer Regionen und durch den Vergleich ähnlicher Regionen hier auf der Erde, können Planetenkundler mehr über die Prozesse erfahren, die einst auf dem Mars dominierten, als es der Planet noch aktiv war. Wie auch auf der Erde zeigt uns Sulci Gordii, dass Vulkane tiefgreifende Ein- und Abbrüche erfahren können, die Materialtransport über mehrere hundert Kilometer hinweg ermöglichen und später von Wind, Wasser und tektonischen Kräften umgestaltet werden.
Bildverarbeitung und das HRSC-Experiment auf Mars Express
Die Aufnahmen mit der HRSC (High Resolution Stereo Camera) entstanden während Orbit 11531 von Mars Express. Die Bildauflösung beträgt 31 Meter pro Bildpunkt (Pixel). Die Farbdraufsicht (Bild 4) wurde aus dem senkrecht auf die Marsoberfläche gerichteten Nadirkanal und den Farbkanälen der HRSC erstellt; die perspektivischen Schrägansichten (Bilder 1, 5) wurde aus den Stereokanälen der HRSC berechnet. Das Anaglyphenbild (Bild 6), das bei Betrachtung mit einer Rot-Blau- oder Rot-Grün-Brille einen dreidimensionalen Eindruck der Landschaft vermittelt, wurde aus dem Nadirkanal und einem Stereokanal abgeleitet. Die in Regenbogenfarben kodierte Draufsicht (Bild 3) beruht auf einem digitalen Geländemodell der Region, von dem sich die Topographie der Landschaft ableiten lässt.
Das Kameraexperiment HRSC auf der Mission Mars Express der Europäischen Weltraumorganisation ESA wird vom Principal Investigator (PI) Prof. Dr. Gerhard Neukum (Freie Universität Berlin), der auch die technische Konzeption der hochauflösenden Stereokamera entworfen hatte, geleitet. Das Wissenschaftsteam besteht aus 40 Co-Investigatoren, aus 33 Institutionen und zehn Nationen stammen. Die Kamera wurde am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) unter der Leitung des PI entwickelt und in Kooperation mit industriellen Partnern gebaut (EADS Astrium, Lewicki Microelectronic GmbH und Jena-Optronik GmbH). Sie wird vom DLR-Institut für Planetenforschung in Berlin-Adlershof betrieben. Die systematische Prozessierung der Daten erfolgt am DLR. Die Darstellungen wurden vom Institut für Geologische Wissenschaften der FU Berlin erstellt.
Download
hochaufgelöste Bilddaten / high resolution image data
Kontextkarte [2]: |
Farbkodiertes Höhenmodell [3]: |
RGB Farbbild [4]: |
Perspektive [1]: |
Perspektive #2 [6]: |
Rot-Cyan Anaglyphe [5]: |
© Copyright: ESA/DLR/FU Berlin (G. Neukum)