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11.12.2009
HRSC auf Mars Express nimmt die beiden Marsmonde Phobos und Deimos zum ersten Mal gemeinsam und in hoher Auflösung auf
Allerhöchste Präzision, eine Binsenweisheit, ist eine der wichtigsten Voraussetzungen für erfolgreiche Raumfahrtmissionen. Ein beeindruckendes Beispiel für die perfekte Aufnahmeplanung eines außergewöhnlichen Ziels im Sonnensystem ist nun Wissenschaftlern am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) gemeinsam mit der Raumflugleitung der Europäischen Weltraumorganisation ESA in Darmstadt gelungen. Zum ersten Mal konnten die beiden winzigen Marsmonde Phobos und Deimos in hoher Auflösung gemeinsam in einer Aufnahmesequenz in Bildern festgehalten werden. Gelungen ist dies mit dem Super Resolution Channel (SRC) des Kameraexperiments HRSC (High Resolution Stereo Camera) auf der ESA-Raumsonde Mars Express, das vom DLR-Institut für Planetenforschung in Berlin-Adlershof in Abstimmung mit der Gruppe des wissenschaftlichen Leiters des Experiments an der Freien Universität Berlin betrieben wird.
"Es kommt nur selten vor, dass sich beide Marsmonde vor der Kamera und in Aufnahmerichtung direkt hintereinander aufgereiht befinden", erklärt Harald Hoffmann vom DLR-Institut für Planetenforschung. "Während der nunmehr fast sechsjährigen Missionsdauer kam es schon mehrfach zu einer Konstellation, bei der beide Monde im Sichtfeld der Kamera sind", ergänzt Klaus-Dieter Matz, der die ungewöhnlichen Aufnahmen mit dem Kamerasystem auf Mars Express gemeinsam mit Harald Hoffmann geplant hat. "Die geometrischen Verhältnisse der Konstellation während Orbit 7492 am 5. November 2009 waren allerdings besonders günstig, so dass wir dieses Mal eine Aufnahmesequenz versuchen wollten - und dieser erste Versuch hat prompt das erwartete Ergebnis geliefert!"
Die Marsmonde Phobos und Deimos auf einer hochauflösenden Bildsequenz
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Erstmals ist es gelungen, die beiden Marsmonde Phobos und Deimos in hoher Auflösung in einer Bildsequenz aufzunehmen. Möglich wurde dies, weil sich beide Marstrabanten am 5. November 2009 in der Blickrichtung des HRSC-Kamerasystems auf der ESA-Raumsonde Mars Express direkt hintereinander aufgereiht befanden.
Insgesamt wurden mit dem Super Resolution Channel (SRC) des HRSC-Systems (High Resolution Stereo Camera) 130 Einzelaufnahmen gemacht, von denen 120 in diesem "Daumenkino" als filmische Abfolge zu sehen sind. Die Aufnahmeabstände betrugen zunächst eine, in der Mitte der Aufnahmenreihe dann eine halbe Sekunde. Aus technischen Gründen - Mars Express bewegt sich in einer polaren Umlaufbahn von Norden nach Süden, während die Monde auf ihrem Orbit den Mars senkrecht dazu in der Äquatorebene umrunden - ist in der Filmsequenz Norden rechts.
Zum Zeitpunkt der Aufnahmen im Orbit 7492 war Phobos, der größere und innere der beiden Marsmonde, 11.800 Kilometer von Mars Express entfernt. Deimos befand sich zur Aufnahmezeit in einer Distanz von 26.200 Kilometern zur Raumsonde. Wegen dieser relativ großen Entfernungen kam der SRC der HRSC zum Einsatz, ein zusätzlicher Kanal mit einer Extra-Optik, der bei einem Gesichtsfeld von nur 0,5 Grad eine vier Mal höhere Auflösung besitzt als die HRSC. Die Bildauflösung für Phobos beträgt etwa 110 Meter pro Bildpunkt; bei dem doppelt so weit entfernten Deimos etwa 240 Metern pro Pixel.
Animation: ESA/DLR/FU Berlin (G. Neukum). |
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Nachträgliche "Schärfung" der Aufnahmen durch spezielle Bildverarbeitung
Zum Zeitpunkt der Aufnahmen war Phobos, der größere und innere der beiden Marsmonde, 11.800 Kilometer von Mars Express entfernt. Phobos umrundet den Nachbarplaneten der Erde in nur 7 Stunden und 39 Minuten, hat also eine viel höhere Geschwindigkeit relativ zum Planeten, als dies beispielsweise beim Mond der Erde der Fall ist und schon deshalb der Zeitpunkt der Aufnahme präzise geplant sein muss. Deimos befand sich zur Aufnahmezeit in einer Distanz von 26.200 Kilometern zur Raumsonde. Wegen dieser relativ großen Entfernungen kam der "Super Resolution Channel" (SRC) der HRSC zum Einsatz, ein zusätzlicher Kanal mit einer Extra-Optik, der bei einem Gesichtsfeld von nur 0,5 Grad eine vier Mal höhere Auflösung besitzt als die HRSC.
Die Bilder des Super Resolution-Kanals müssen allerdings wegen eines Dreifach-Fokus- Bildfehlers, der aus einer minimalen geometrischen Verzerrung des Teleskopspiegels in der Kamera herrührt - nachbearbeitet werden. Dies geschieht in der Arbeitsgruppe des wissenschaftlichen Leiters (Principal Investigator) des HRSC-Experiments, Prof. Gerhard Neukum, an der Freien Universität Berlin. "Mit einem komplexen Verfahren ist es jetzt möglich, die Unschärfen in den SRC-Bildern fast vollständig zu eliminieren", erläutert Dr. Gregory Michael von der FUB. "Die Entfernungen zwischen Raumsonde, Phobos und Deimos waren relativ groß, so dass die SRC-Bildauflösung für Phobos bei etwa 110 Meter pro Bildpunkt liegt, und bei dem doppelt so weit entfernten Deimos bei etwa 240 Metern pro Pixel."
Die Umlaufbahn von Mars Express ermöglicht es im Gegensatz zu den beiden NASA-Orbitern Mars Odyssey und Mars Reconnaissance Orbiter nur der ESA-Sonde, beide Monde gleichzeitig im Blickfeld zu haben. Mars Express entfernt sich in seinem elliptischen Orbit um etwa 10.000 Kilometer von der Marsoberfläche, was im Idealfall eine "Annäherung" an Deimos von 9.000 Kilometern ermöglicht. Das bisher beste Mars Express-Bild von Deimos entstand aus einer Distanz von etwa 10.000 Kilometern, die bislang besten Phobos-Aufnahmen gelangen 2008 aus nur 93 Kilometern Entfernung. Beide Monde umrunden den Mars auf fast kreisförmigen Bahnen nahezu exakt in dessen Äquatorebene.
Graphik: FU Berlin |
Hochpräzise Ephemeriden sind die Basis für das genaue Zielen der Kamera
Im kritischen Zeitraum wurden mit dem SRC während eines Zeitraums von etwa anderthalb Minuten in Abständen von zunächst einer und dann nur einer halben Sekunde nacheinander 130 Aufnahmen gemacht. Als die Bilder vom ESA-Kontrollzentrum in Darmstadt zu unserem Experiment-Team nach Berlin übertragen waren, erkannten wir sofort, dass sowohl unsere Planungen für die Zielvorgabe der Kamera, als auch die von der ESA vorausberechneten Bahnlagedaten der Raumsonde nahezu perfekt zueinander gepasst haben", freut sich HRSC-Planer Hoffmann. "Wir waren uns aber schon vorher ziemlich sicher, dass die Aufnahmen klappen müssten, denn auch die Kollegen der ESA sahen im Abgleich mit den Daten der Raumlage von Mars Express keinen Anlass, an unserer Programmierung Korrekturen vorzunehmen". Die Mars-Express-Sonde wird seit ihrem Start am 2. Juni 2003 durch das European Space Operations Centre (ESOC) der ESA in Darmstadt gesteuert; die Mission wurde erst vor kurzem bis Ende 2012 verlängert.
Voraussetzung für den Erfolg des Experiments sind hochgenaue so genannte Ephemeriden, Tabellen, aus denen die Position von Planeten, Monden und kleinen Körpern im Sonnensystem sowie von Raumsonden herausgelesen werden können. Die Ephemeriden für Phobos und Deimos konnten im Laufe der fast sechsjährigen Missionsdauer kontinuierlich verbessert werden, und auch die Flugbahn von Mars Express kann vom ESOC sehr präzise vorausgesagt werden, so dass sich die Position der Sonde zum Zeitpunkt der Aufnahmen nur um wenige Sekunden bzw. Kilometer von der für mehrere Monate vorausberechneten Lage unterschied. "Die Orbitabweichung betrug etwa 10 Sekunden von den erwarteten Werten, was sehr wenig ist und selbst bei einer Kameraöffnung von nur 0,5 Grad noch in der Toleranz liegt", erklärt Klaus-Dieter Matz.
Bild: ESA/DLR/FU Berlin (G. Neukum) |
Erforschung von Phobos einer der wissenschaftlichen Schwerpunkte
Neben der globalen Kartierung der Marsoberfläche mit der HRSC in hoher Auflösung, in Farbe und in "3D" stellt die Untersuchung des Marsmondes Phobos einen wissenschaftlichen Schwerpunkt des Kameraexperiments dar. So konnte der unregelmäßig geformte, 27 km x 22 km x 18 km große Phobos bereits 127 mal vom HRSC-Kamerasystem aufgenommen werden, wodurch signifikante Verbesserungen der topographischen Modelle des Trabanten erzielt, aber auch wichtige wissenschaftliche Erkenntnisse über den Ursprung und die Entwicklung von Phobos erzielt werden konnten.
Das Kameraexperiment HRSC auf der Mission Mars Express der Europäischen Weltraumorganisation ESA wird vom Principal Investigator (PI) Prof. Dr. Gerhard Neukum (Freie Universität Berlin), der auch die technische Konzeption der hochauflösenden Stereokamera entworfen hatte, geleitet. Das Wissenschaftsteam besteht aus 45 Co-Investigatoren aus 32 Institutionen und zehn Nationen. Die Kamera wurde am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) unter der Leitung des PI G. Neukum entwickelt und in Kooperation mit industriellen Partnern gebaut (EADS Astrium, Lewicki Microelectronic GmbH und Jena-Optronik GmbH). Sie wird vom DLR-Institut für Planetenforschung in Berlin-Adlershof betrieben. Die systematische Prozessierung der Daten erfolgt am DLR. Die Darstellungen wurden vom Institut für Geologische Wissenschaften der FU Berlin in Zusammenarbeit mit dem DLR-Institut für Planetenforschung erstellt.
Bild: ESA/DLR/FU Berlin (G. Neukum) |
Mars und seine Monde Phobos und Deimos
Mars | Phobos | Deimos | |
Mittlerer Durchmesser |
6779 km | 26.8 km x 22.4 km x 18.4 km | 15.0 km x 12.2 km x 10.4 km |
Mittlere Entfernung zum Marsmittelpunkt |
- | 9375 km | 23458 km |
Mittlere Entfernung Marsoberfläche |
- | 5985.5 km | 20068.5 km |
Umlaufzeit* | 686.5 Tage |
0.32 Tage (7 Stunden, 39 Minuten) |
1.26 Tage (1 Tag, 6 Stunden, 17 Minuten) |
Mittlere Orbitalgeschwindigkeit | 24.1 km/s | 2.14 km/s |
1.36 km/s |
Achsneigung | 25.2° | 1.075° | 0.93° |
Mittlere Dichte |
3.9 g/cm³ | 1.9 g/cm³ | 1.5 g/cm³ |
Entdeckung |
sichtbar mit bloßem Auge | Nacht vom 17. auf den 18. August 1877 (Asaph Hall, US Naval Observatory) | Nacht vom 17. auf den 18. August 1877 (Asaph Hall, US Naval Observatory) |
Namensgebung |
römischer Kriegsgott (in der griechischen Mythologie: Ares) | Griechischer Gott der Furcht, Sohn und Begleiter des Kriegsgottes Ares | Griechischer Gott für den Schrecken, Sohn und Begleiter des Kriegsgottes Ares |
* Die Umlaufzeit entspricht bei beiden Monden auch fast genau der Länge des Tages, da sowohl Phobos als auch Deimos den Mars in einer so genannten "gebundenen Rotation" umrunden, also immer dieselbe Seite der beiden Trabanten dem Mars zugewandt ist.
Ansprechpartner:
- Univ.-Prof. Dr. Gerhard Neukum
Freie Universitaet Berlin
Fachbereich Geowissenschaften
Fachrichtung Planetologie und Fernerkundung
Mobile: +49 171-7647177
Telefon: +49 30 838 70579; +49 30 838 70575 (Sekr.)
Email: gneukum@zedat.fu-berlin.de - Prof.Dr. Ralf Jaumann
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Institut für Planetenforschung, Planetengeologie
Tel.: +49 30 67055-400
Fax: +49 30 67055-402
Email: ralf.jaumann@dlr.de - Harald Hoffmann
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Institut für Planetenforschung, Planetengeologie
Tel.: +49 30 67055-327
Fax: +49 30 67055-402
Email: harald.hoffmann@dlr.de - Ulrich Köhler
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Institut für Planetenforschung, Institutsplanung und Zentrale Aufgaben
Tel.: +49 30 67055-215
Fax: +49 30 67055-402
Email: ulrich.koehler@dlr.de
Links:
- Neue Erkenntnisse über den Marsmond Phobos vom 16. Oktober 2008
- Mars Express fotografiert Phobos aus bisher kürzester Distanz vom 30. Juli 2008
- Licht- und Schattenspiele auf dem Mars - Die HRSC fotografiert den wandernden Schatten des Marsmondes Phobos vom 17. Februar 2006
- Marsmond Phobos vom 11. November 2004
Download
hochaufgelöste Bilddaten / high resolution image data
Konstellation von Mars, den Mars- monden, und Mars Express zum Zeitpunkt der Aufnahmen: |
Die beiden Marsmonde Phobos und Deimos erstmals in hoher Auflösung gemeinsam im Bild: |
Nahaufnahme des Marsmondes Phobos vom 28. Juli 2008: |
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